Die Versicherungsbranche steht vor einem Wandel, der weit über die klassischen Prozesse hinausgeht. In meiner Masterarbeit entstand ein Referenzmodell für ECM-Systeme, das zeigt, wie das Anliegenmanagement in den Mittelpunkt rückt. Der Fokus liegt darauf, Kundenanliegen effizienter zu identifizieren und gleichzeitig die eigenen Abläufe optimieren zu können.
Der Wandel im Anliegenmanagement
Die Krankenversicherungsbranche steht zunehmend unter Druck, einerseits die Effizienz zu steigern und andererseits die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Ein zentraler Hebel, der beide Ziele verbindet, ist das Anliegenmanagement. Wo früher Inputmanagementsysteme primär zur internen Klassifizierung genutzt wurden, richtet sich der Fokus heute stärker auf die Bedürfnisse der Versicherten. Meine Masterarbeit beleuchtet genau diesen Wandel: Wie können ECM-Systeme so weiterentwickelt werden, dass sie nicht nur Dokumente, sondern auch Anliegen erkennen und bearbeiten?
Das Anliegenmanagement ermöglicht es Versicherungsunternehmen, auf die wichtigsten Kundenbedürfnisse schneller und gezielter zu reagieren. Es trägt zur Kundenbindung bei und kann gleichzeitig durch Automatisierung und gezielte Bearbeitung Kostensenkungen erzielen. Dieser Wandel in der Denkweise führt dazu, dass Versicherungen sich vom unternehmensbasierten Denken verabschieden und stärker auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden eingehen.
Das Referenzmodell: Vier Phasen zur Transformation
Um den Wandel erfolgreich zu gestalten, habe ich in meiner Arbeit ein Referenzmodell für die Anforderungsanalyse entwickelt, das bei der Auswahl eines modernen ECM-Systems zum Einsatz kommt und in fünf Phasen unterteilt ist: Zielbildkonzeption pro Servicekanal, Ist-Analyse, IT-Infrastruktur-Analyse, Soll-Konzeption sowie die Ableitung von Use Cases und ein Proof of Concept.
Ein zentraler Aspekt des Modells ist der KI-gestützte Anliegenerkenner, der die automatische Identifikation und Klassifizierung von Kundenanliegen übernimmt. Diese Technologie ermöglicht es Versicherern, eingehende Dokumente aus unterschiedlichen Kanälen zu verarbeiten und direkt das Hauptanliegen des Kunden zu erfassen. Dadurch kann schneller und gezielter reagiert werden, was sowohl die Effizienz als auch die Kundenzufriedenheit steigert.
Ein weiteres Schlüsselwerkzeug ist der Einsatz einer Anliegenmatrix. Diese Matrix bietet einen Überblick über die verschiedenen Anliegen, die Kunden an ihre Krankenkassen richten. Sie hilft nicht nur dabei, die Anliegen zu klassifizieren, sondern auch, deren Häufigkeit und Bearbeitungsdauer über verschiedene Servicekanäle hinweg zu analysieren.
ECM-Systeme in der Praxis: Omnikanal als Schlüssel
Ein weiterer wichtiger Trend, den meine Arbeit aufzeigt, ist die Integration von ECM-Systemen in eine Omnikanal-Strategie. Versicherer stehen vor der Herausforderung, Kundenanliegen nicht nur effizient zu bearbeiten, sondern dies auch über sämtliche Kommunikationskanäle hinweg konsistent und umfassend zu tun. Ob Telefon, E-Mail oder App – der Kunde erwartet, dass sein Anliegen jederzeit und überall gleich gut behandelt wird.
ECM-Systeme müssen daher über die reine Dokumentenverwaltung hinausgehen und als zentrale Plattform für die Anliegenbearbeitung über alle Kanäle hinweg dienen. Diese Omnikanal-Strategie stellt sicher, dass kein Anliegen übersehen wird und der Kunde die bestmögliche Lösung erhält – unabhängig davon, über welchen Kanal er mit seiner Versicherung in Kontakt tritt.
Fazit
In meiner Masterarbeit wurde ein Referenzmodell entwickelt, das Versicherungsunternehmen dabei unterstützt, den Weg in eine stärker kundenorientierte Zukunft zu gehen. Durch das Anliegenmanagement und den Einsatz von KI-Technologien kann die Bearbeitung von Kundenanliegen nicht nur beschleunigt, sondern auch qualitativ verbessert werden. Gleichzeitig profitieren Versicherungen von effizienteren internen Prozessen und der Möglichkeit, Kosten zu senken. Die Integration in eine Omnikanal-Strategie rundet den Ansatz ab und sorgt dafür, dass Kundenanliegen jederzeit optimal bearbeitet werden und Kunden kanalunabhängig ein gutes Servicerlebnis haben.