Widerstände

Betriebsblindheit (5): Widerstände erkennen und richtig handeln

Widerstand ist eines der häufigsten Phänomene, mit denen sich Unternehmen bei Veränderungen auseinandersetzen müssen. Dabei steigen Widerstände der Mitarbeitenden oft proportional zur Komplexität der jeweiligen Veränderung an.

Warum ist das so?

Die Psychologie definiert Widerstand als eine Reaktion auf externe Stimulation, um Selbstbestimmung des Systems aufrecht zu erhalten. Hier schlägt also die zuvor charakterisierte Gewohnheit wieder gnadenlos zu. Die Reaktanz-Theorie beschreibt Widerstand in diesem Zusammenhang als Reaktion auf wahrgenommene Freiheitseinengung mit dem Ziel die eigene Handlungsfreiheit wiederherzustellen. Hier wird die Angst vor der Veränderung und die fehlende Zeit für die Veränderung als Ursache des Widerstands beschrieben.

Ich habe nun eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie zum Thema Widerstand. Die Schlechte zuerst: In Veränderungsprojekten tritt Widerstand der Personen meist in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen auf. Nun aber die gute Nachricht: man kann ihn gut erkennen.

Am einfachsten zu erkennen und somit zu bearbeiten ist der offene Widerstand.

Offener Widerstand ist meist konstruktiv und zeichnet sich dadurch aus, dass er bewusst ausgeübt wird und damit auch ein Ziel verbunden ist. Die Widerstand ausübenden Personen legen es ganz bewusst darauf an, dass ihr Widerstand als solcher wahrgenommen und ihnen auch zugeordnet werden kann. Dem offenen Widerstand liegen üblicherweise rationale Ursachen zugrunde, die sich mit den betroffenen Personen besprechen lassen und an deren Überwindung alle Beteiligten ein Interesse haben.

Wesentlich schwieriger ist der Umgang mit verdecktem Widerstand.

Verdeckter Widerstand ist meist unkonstruktiv, teilweise sogar destruktiv und die Widerstand ausübenden Personen wollen üblicherweise nicht erkannt werden. In vielen Fällen ist es den Personen noch nicht einmal bewusst, dass sie Widerstand leisten. Verdeckter Widerstand muss früh bemerkt werden, da er sich erfahrungsgemäß immer weiter verstärkt und somit eine tickende Zeitbombe für jede Veränderungsmaßnahme darstellt.

Verdeckter Widerstand muss folglich früh erkannt und bearbeitet werden.

Exemplarisch sollen hier einmal einige Symptome genannt werden, anhand denen sich der verdeckte Widerstand erkennen lässt:

  • häufige Abwesenheit bei wichtigen Treffen beziehungsweise das Entsenden nicht entscheidungsbefugter vertretender Personen. Die Abwesenheit wird mit vorgeschobenen Gründen begründet
  • Mitarbeitende stellen sich „dümmer als sie sind"
  • Ignorieren von Problemen und Aufgaben
  • Einfordern von nicht relevanten Entscheidungsträgern
  • Hinterfragen von nicht relevanten Themen und Betrachtung von Sonderfällen
  • Forderung nach perfekten Lösungen
  • Aktionismus in nicht relevanten Aufgabenbereichen
  • Vorschlag, dass andere Bereiche doch zuerst beginnen sollen
  • Hinterfragen bereits getroffener Entscheidungen
  • Zustimmen bei gleichzeitiger Anmeldung von Vorbehalten, die später geklärt werden müssen
  • Ausweichendes Verhalten, wenn Aufgaben übernommen werden sollen
  • Rückdelegation bereits angenommener Aufgaben

Widerstände in Veränderungssituationen müssen schnell erkannt und dann durch Projektleiter*innen, Scrum Master*innen und das Team aktiv angegangen werden. Ignoranz oder Hoffnung sind bei Widerständen keine guten Begleiter.

Lesen sie im nächsten Teil der Artikelserie zur Betriebsblindheit, wie ihr Weg aus der Betriebsblindheit aussehen könnte.

 

Autor

  • Guido Schmitz

    Guido Schmitz ist Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Pentadoc AG. Als Berater betreut Guido Schmitz Unternehmen in Prozessen der Strategieentwicklung im Bereich Informationslogistik, führt und moderiert Workshops zum Anforderungsdesign. Guido Schmitz ist ein gefragter Keynotespeaker auf Strategietagungen und Kongressen.

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