E-Auto als Dienstwagen für Berater*innen? – Ein Selbstversuch

Als im Herbst 2022 mal wieder der Wechsel meines Dienstwagens anstand, bekam ich das Angebot, ein E-Auto zu verproben, welches durch das Ausscheiden einer Kollegin demnächst zur Verfügung stünde. Manchmal braucht es genau derartig spontane Impulse, um sich ernsthaft mit einer lose ins Auge gefassten Option zu beschäftigen. Da es sich bei dem Auto um einen Volvo XC40 aus dem Abomodell “Care by Volvo” handelt, war das "Risiko" durch eine 3-monatige Kündigungsfrist überschaubar.

Und so ließ ich mich auf diese, für mich neue, Herausforderung ein. Es begann im Vorfeld der Übernahme des Fahrzeugs, da ich mir Gedanken zur Ladeinfrastruktur in meiner Umgebung machen musste (eine Wallbox fiel im denkmalgeschützten Altbau als Variante aus). Nach kurzer Recherche durfte ich feststellen, dass meine Heimatstadt diesbezüglich bereits gut ausgestattet ist und ich neben zahlreichen "normalen" Ladesäulen sogar zwei Schnellladestationen in fußläufiger Reichweite (5 min) hatte. Die passende Ladekarte war dann ebenfalls schnell besorgt. 

Die Reise beginnt

Danach war die Vorfreude auf das neue Gefährt groß. Und sie wurde nicht enttäuscht. Die "Jungfernfahrt" zu knapp 20 km entfernt wohnenden Freund*innen war ein Mix aus Fahrspaß (und das sagt einer, für den Autos Fortbewegungsmittel und Lastentransporter sind und keine "Lustobjekte") und Neugier bezüglich Verbrauch (in kWh), Ladestand (in %), Reichweitenanzeige (in km), Energiesparmodi und so weiter. 

Am nächsten Tag ging's das erste Mal "tanken" (an der "Normal-Ladesäule"): Kabel anschließen, Ladevorgang in der App (oder mittels Ladekarte) starten und in spätestens vier Stunden wieder da sein (danach kostet jede Minute zehn Cent Blockiergebühr). Als Berater für digitale Lösungen wurde natürlich auch der langsam steigende Ladestand der Batterie aus der Ferne per App beobachtet, allerdings mehr besorgniserregend als freudig entspannt. War die Batterie doch nach Ablauf der vier Stunden gerade mal um 40% geladen worden; auch hier also wieder Recherche: über Ladeströme, Stromstärke und all die Dinge, bei denen ich in Physik nicht aufgepasst hatte. Die Lösung bestand schlussendlich darin, dass man die zulässige Ladestromstärke im Auto deutlich nach oben regulieren musste. Beim nächsten Ladevorgang einige Tage später gingen dann 80% nach vier Stunden in den "Tank" :-). An der Schnellladesäule ist dies in circa 90 Minuten erledigt. 

Verfahren sind diese 80% dann, stark abhängig von den Witterungsverhältnissen, in ungefähr 250-300 km. Schnell wurde klar, dass beim E-Auto ein anderes Lade-/Tankverhalten an den Tag gelegt werden muss; geladen wird nicht, wenn "leer" ist, sondern immer wenn es gerade passt. Für mich bisher kein Nachteil, aber eine Umgewöhnung. Ebenso wie die Tatsache, dass die Herstellerangabe einer 420 km-Reichweite (bzw. des Durchschnittsverbrauchs von 18 kWh) nur unter sehr idealisierten Bedingungen erreichbar ist. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt war das um die Reichweitenberechnung erweiterte Google Maps der Meinung, dass die Fahrt nach Münster und zurück (circa 240 km) nicht mit EINER Ladung zu schaffen sei. 

Fazit

Trotz der beschriebenen Herausforderungen, die manche Leser*innen und Kolleg*innen als Einschränkung für einen Dienstwagen empfinden mögen, kann ich nach 6-monatiger Nutzung sagen, dass dieser Schritt in eine nachhaltigere Mobilität für mich funktioniert und in die richtige Richtung geht. Auch wenn sich hierfür ein paar Verhaltensweisen und Denkmuster ändern müssen. 

An die Möglichkeit, von der 3-monatigen Kündigungsfrist Gebrauch zu machen, habe ich bisher keinen Gedanken verschwendet.