Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) im Input Management.  

Die Bearbeitung von eingehender Kommunikation und Dokumenten in Unternehmen wird immer komplexer aber auch immer bedeutender. Kein Wunder, dass neue Lösungen vom Management gefordert werden. Intelligent Document Processing soll hier das klassische Input Management verdrängen.

In verschiedenen Artikeln haben wir die Relevanz des Input Managements für Unternehmen in der Digitalen Transformation detailliert beschrieben. So zum Beispiel der Artikel über die „Christel von der Post“ oder der Artikel zu der „Intelligenten Weiche“. Grundtenor ist, dass viele Innovationen und Strategien im Unternehmen ohne ein klug aufgestelltes Input Management undenkbar sind. Als Vorbereitung auf diesen Artikel empfehlen wir ihnen auch unseren Wiki-Artikel zum Thema KI/AI. 

Doch was genau ist ein kluges oder sagen wir besser ein intelligentes Input Management? 

Gartner hat hierzu gleich eine neue Kategorie an Lösungen namens „Intelligent Document Processing Platform Providers“ definiert und analysierte im Jahr 2020 ein Marktvolumen von weltweit 1,2 Milliarden Dollar. Laut Gartner sollen mit diesen Technologien systemübergreifende Prozessautomatisierungen mit strukturierten, halbstrukturierten und unstrukturierten Daten erreicht werden. 

Intelligent Document Processing (IDP) Platforms wird als die nächste Generation der Input Management Lösungen beschrieben und wandelt unstrukturierte Daten mittels KI-Technologien wie Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP), Bilderkennung, Deep Learning und maschinelles Lernen (ML) in verwertbare Daten, welche dann die Basis für die Automatisierungsbemühungen in Unternehmen darstellen. 

Die klassischen Definitionen der Analysten und Lösungsanbieter lesen sich, bis auf die häufige Verwendung des Begriffes der Künstlichen Intelligenz, wie „Neuer Wein in alten Schläuchen“. Bei IDP werden die seit über zehn Jahren im Einsatz befindlichen Disziplinen des Input Managements als neue Funktionen beschrieben. So geht es auch bei IDP im Kern darum, relevante Informationen zu klassifizieren, zu kategorisieren, zu extrahieren und die extrahierten Daten zu validieren.  

Was ist das wirkliche Neue und Intelligente an IDP? 

Trotz vieler Parallelen kann nicht jede Input Management Lösung, welche mit Künstlicher Intelligenz (KI/AI - Artificial Intelligence) beworben wird, auch wirklich als IDP-Lösung bezeichnet werden. Nachfolgende Kriterien spiegeln „das Neue“ in IDP-Lösungen wider und sollten von Unternehmen bei der Auswahl einer IDP-Lösung berücksichtigt sowie in entsprechenden Anwendungsszenarien bewertet werden. 

  • Lernen statt programmieren bzw. Regeln definieren

Bei klassischen Input Management Lösungen definieren Entwickler reguläre Ausdrücke oder programmieren Logiken, um Dokumente und Dokumentinhalte zu erkennen, zu validieren und weiterzuleiten. Dieses Vorgehen ist aufwändig in der Erstellung sowie insbesondere in der Pflege der bestehenden Anwendungen, da umfangreiche Regelbäume oder Computercodes nach einiger Zeit nur noch von wirklichen Experten verstanden und somit weiterentwickelt werden können. 

Training statt Programmierung heißt hier die Lösung bei IDP. IDP kombiniert das Human-in-the-Loop Prinzip, beziehungsweise Supervised Learning (ein Mensch, der ein KI-System beim Lernen anleitet) mit Active Learning (Algorithmen optimieren sich selbstständig und liefern Vorschläge, welche weiteren Optimierungen den größten Mehrwehrt für die Verbesserung des Modells in einer bestimmten Problemstellung bewirken), um Muster zu erlernen und diese auf unbekannte Daten mit einer hohen Erkennungsleistung anzuwenden. 

Zum Einrichten des Trainings ist kein technisches Know-how oder besser gesagt, sind keine Programmierkenntnisse erforderlich, was dann auch die Internalisierung des Know-hows, das heißt das Wissen, eine IDP im Unternehmen zu betreiben, vereinfacht. 

  • Verbesserte Erkennungsraten, hoher Automatisierungsgrad und niedrigere Fehlerrate 

Der bei IDP verwendete Einsatz von KI zur intelligenten Dokumentenverarbeitung ermöglicht durch Training von speziellen KI-Services einen höheren Automatisierungsgrad mit einem höheren Genauigkeitsgrad.  

So können spezielle KI-Services, zum Beispiel für handschriftliche Dokumente trainiert werden. IDP verfolgt hier den Ansatz des Best-of-Breed (für jeden Anwendungsbereich die beste Lösung entwickeln) und nimmt nicht wie klassische Input Lösungen "Alles aus einer Hand" für verschiedenste Aufgaben.  

  • Hohe Interoperabilität 

Traditionelle Input Management Lösungen wurden häufig isoliert vor den klassischen Fachsystemen eingesetzt. Oftmals mit individuellen oder besser gesagt, mit proprietären Schnittstellen. Die Einbindung des Input Managements in zum Beispiel neu entwickelte Geschäftsprozesse zur Steigerung der Automatisierung beziehungsweise Dunkelverarbeitung war komplex und scheiterte mehrfach an den nicht vorhanden modernen Schnittstellen, zum Beispiel im Bereich der Web-Services.  

IDP-Lösungen sind nun zahlreich als Service beziehungsweise als modulares System erhältlich, das für jedes Dokument und jeden Workflow sowie jedes Zielsystem den höchsten Grad an Integration bietet. 

  • IDP macht klassische Robotics-Lösungen obsolet 

Klassische RPA-Lösungen (Robotic Process Automation) wurden häufig zur Überwindung von Systemgrenzen eingesetzt, also da, wo eine Entwicklung einer Datenschnittstelle zu kostenintensiv erschien. Beispielsweise zur Übergabe von im Input Management strukturierten Daten an die Legacy-Systeme im Unternehmen. Dazu wurden menschliche Aktionen auf einer Benutzeroberfläche aufgezeichnet und später durch den Roboter emuliert. 

Lesen sie zum Themenfeld RPA auch gerne den Artikel von Arvid Schwertner: „Gesucht – Inselbegabter Sachbearbeiter mit 15 Buchstaben“. 

Wie bereits im Punkt Interoperabilität beschrieben, sind moderne IDP-Lösungen sehr gut in die Geschäftsprozesse integriert, da sie bereits „out oft the box“ viele Konnektoren zu  

  • Enterprise Content Management (ECM) Systemen, 
  • übergreifenden Fachsystemen, wie ERP, CRM, HRMS, 
  • internen Datenbanken und 
  • Workflow-Lösungen

mitbringen und so die Brücke zu den Fachsystemen in den Geschäftsprozessen schlagen. 

Die Vorteile liegen auf der Hand, aber …  

“Only 21% of IT professionals say their company is deploying AI across the business.” IBM, Global AI Adoption Index 2021 

Fragt man Führungskräfte in Unternehmen, dann antworten diese regelmäßig, dass Künstliche Intelligenz die Grundlage für die Digitale Transformation des Unternehmens ist. Die Analyse von IBM legt demgegenüber jedoch nahe, dass nicht jedes Unternehmen auch wirklich KI einsetzt. Anders formuliert: Es wird kein signifikanter Nutzen generiert. 

“Several surveys suggest a low level of returns thus far, in part because many AI systems were never deployed.” MIT Sloan Management Review, Thomas H. Davenport and Ren Zhang, 2021.

In den folgenden Artikeln zu diesem Thema wollen wir einmal genauer analysieren, welchen Nutzen das Thema IDP für Unternehmen konkret schafft und wie dieser bereits von Unternehmen „geschöpft“ wird. Und natürlich ob und wie Unternehmen auf IDP umsatteln sollten, wenn sie heute noch eher klassische Technologien im Einsatz haben.

Wir freuen uns schon auf unseren ersten Gastartikel RPA & KI: Posteingang automatisieren statt bloß digitalisieren von Andreas Klug, Co-Founder der ITyX-Gruppe!

 

Autor

  • Guido Schmitz

    Guido Schmitz ist Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Pentadoc AG. Als Berater betreut Guido Schmitz Unternehmen in Prozessen der Strategieentwicklung im Bereich Informationslogistik, führt und moderiert Workshops zum Anforderungsdesign. Guido Schmitz ist ein gefragter Keynotespeaker auf Strategietagungen und Kongressen.

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