Anliegenmanagement – Teil 2

TEIL 2 : „Intelligentes“ Anliegenmanagement in der Praxis – ein Beispiel aus der Versicherungswirtschaft

  • Harmonisierung / Standardisierung 
  • Prozessdigitalisierung 
  • Automatisierung 
  • Einsatz von KI 
  • Fazit

TEIL 3 : Welche Rollen spielen Customer Touchpoints im „intelligenten“ Anliegenmanagement?

  • Trends im Bereich des Anliegenmanagement
  • Welcher konkrete Bedarf an IT- Lösungen besteht?

TEIL 4 : Wie verändert Künstliche Intelligenz (KI) das heutige Input Management und somit auch das Anliegenmanagement?

  • Klassisches Input Management - Basiserkennung
  • Intelligent Document Processing (IDP) – die Weiterentwicklung der Basiserkennung
  • Lernen statt programmieren bzw. Regeln definieren Verbesserte Erkennung von Dokumentinhalten
  • Fazit

Glossar Anliegenmanagement

  • Die verwendeten Begrifflichkeiten haben wir am Ende jeden Beitrags für sie zusammengetragen.

Abstract: Im ersten Teil der Artikelserie ging es neben Definitionen um das richtige Vorgehen zur Einführung eines „intelligenten“ Anliegenmanagement. In diesem Teil der Artikelserie finden sie dazu ein konkretes zur Kundenbeispiel zur strategischen Einführung. 

Gerade in der Versicherungswirtschaft erhält das Thema Kundenzentrierung bei strategischen Entscheidungen einen sehr hohen Stellenwert. In Kombination mit den Automatisierungspotentialen, welche der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) verspricht, ist folglich nur konsequent, sich als Versicherung einmal den Einsatz von KI im Anliegenmanagement genauer anzuschauen. 

Im folgenden Kundenbeispiel wurde zur Ermittlung von KI-Potentialen das Anliegenmanagement näher untersucht. Das dazu eingesetzte Vorgehen orientiert sich an dem im Artikel „Anliegenmanagement – ein „Must-have“ wenn KI, Kundenzentrierung und Automatisierung für sie wichtige strategische Themen sind.“ beschriebenem Vorgehensmodell.  

Harmonisierung / Standardisierung 

Im ersten Schritt wurden mit den jeweiligen Fachbereichen die heutigen 337 Anliegen analysiert. Im Schritt der Harmonisierung wurden u.a. gleichartige Anliegen gefiltert.  

In dem Auszug der harmonisierten Anliegenmatrix findet man gleich mehrere Beispiele für gleichartige Anliegen, wie z.B. „Ich möchte meine Bankverbindung ändern“ was in den Bereichen Komposit-, Kranken-, Lebens- und der Rechtsschutzversicherung vorkommen kann.  

Nach der Harmonisierung sind lediglich ca. 60 % der zuvor erfassten Kundenanliegen übriggeblieben.

 

Prozessdigitalisierung 

Der digitale Kunde ist gut informiert, erwartet guten Service auf allen Kommunikationskanälen, in kurzer Reaktionszeit bei absoluter Transparenz. Im Zuge der digitalen Transformation sind Unternehmen gefordert, ihre Organisation und ihre Geschäftsprozesse konsequent auf die Bedürfnisse digitaler Kunden auszurichten. 

Zur Prozessdigitalisierung ist es notwendig die einzelnen Anliegen genauer zu betrachten. Aus einem Anliegen werden ein oder mehrere Aufträge abgeleitet. Ein Beispiel für einen Auftrag ist: "Erstelle für den Kunden eine Bescheinigung." 

Im Schritt der Prozessdigitalisierung werden die Aufträge genauer betrachtet und es werden die einzelnen Prozessschritte, die notwendigen Informationen, die beteiligten Systeme auf den aktuellen Reifegrad der Digitalisierung untersucht.  

Ziel der Prozessdigitalisierung ist es die Prozessschritte in der Anliegenbearbeitung zu identifizieren, welche keinen oder einen geringen digitalen Reifegrad aufweisen, um diesen dann systematisch zu steigern. 

 

Automatisierung 

Ziel der Automatisierung ist es, die Aufträge ganz oder teilweise ohne Mitwirkung der Sachbearbeiter zu bearbeiten. D.h. Aufträge, welche im Status Quo in der sogenannten Hellverarbeitung ausgeführt werden, werden auf die Möglichkeit der Automatisierung untersucht. 

Automatisierungsinitiativen sollten immer im Kontext der Kosten-/Nutzenbetrachtung vorangetrieben werden. So wurde auch im konkreten Beispiel zu jedem Potential der Nutzen ermittelt. Neben den rein quantitativen Nutzenfaktoren wurden dabei auch qualitative Nutzenfaktoren, wie beispielsweise eine höhere Kundenzufriedenheit aufgrund kürzerer Reaktionszeiten, mit betrachtet. 

 

Einsatz von KI 

In den harmonisierten Kundenanliegen und den Automatisierungspotentialen wurde im letzten Schritt der Einsatz von KI zur Optimierung der Automatisierung untersucht.  

Ergebnis war: mit 10 KI-Use-Cases können der Großteil der Kundenanliegen automatisiert und verbessert werden. 

Ein Beispiel für einen KI-Use-Case war die Bildvorverarbeitung. Dabei soll auf Dokumenten ein Bild und der Text im Bild als separater Layer zur Folgeerkennung geliefert werden. Dieser KI-Use-Case stellt die Grundlage zur Auslesung von Fachdaten auf Dokumenten mit bildhaftem Hintergrund dar (z.B. Personalausweis oder Sterbeurkunde). 

 

Fazit 

Strategien zur Einführung eines „intelligenten“ Anliegenmanagement helfen Unternehmen dabei Kunden zu begeistern, die Kundenkommunikation effizienter zu gestalten, Mauern zwischen den Fachabteilungen abzubauen, aktive Zusammenarbeit über alle Abteilungen hinweg zu fördern und die Kundenreise transparenter zu gestalten. 

Die richtige Strategie stellt Unternehmen vor grundlegende organisatorische Herausforderungen schafft aber die Basis für die übergreifende intelligente Nutzung von IT – Stichwort: KI-Einsatz. Wer sein Unternehmen auf eine konsequente Kundenzentrierung ausrichten und dem Kunden medienbruchfrei auf jedem Kanal in Echtzeit das gleiche Erlebnis bieten will, benötigt mehr als nur eine 360°-Sicht: einen gänzlich neuen organisatorischen und technologischen Ansatz für die Kundeninteraktion ist die Lösung. 

 Pentadoc hat sich in den vergangenen Jahren konsequent mit dem 5-D-Modell auf die übergreifende Optimierung des Anliegenmanagement, der Kundenzentrierung und der Automatisierung von Prozessen in der Versicherungswirtschaft und dem Gesundheitswesen spezialisiert. Weitere Informationen dazu unter www.pentadoc.com. Sprechen sie uns gerne an und lassen sie uns über die Ansätze von KI in ihrem Anliegenmanagement sprechen. 

 Im dritten Teil der Artikelserie werfen wir einen genaueren Blick auf die sogenannten Customer Touchpoints und geben wichtige Hinweise, was es für Unternehmen an der Schnittstelle zum Kunden zu beachten gilt. 

 

Glossar Anliegenmanagement 

Abstract: In der Artikelserie zum Thema Anliegenmanagement wurden viele Begrifflichkeiten verwendet, welche unbedingt einheitlich definiert gehören, damit es zu keinen Missverständnissen in der Kommunikation und folglich ggf. zu unterschiedlichen Erwartungshaltungen an Ergebnisse führt.  

Hier finden Sie die Begriffsdefinitionen der Fachbegriffe aus der Artikelserie.

Begriff 

Definition 

Anliegen 

Unter einem Anliegen versteht man im Kontext der Kundenzentrierung eine vom Kunden initiierte Handlungsaufforderung ("Das was der Kunde möchte"). Ein Beispiel für ein Anliegen im Versicherungswesen ist: "Ich benötige eine Bescheinigung für das Finanzamt zu meinem aktuellen Versicherungsschutz." 
 
Anliegen können durch Kunden, Vertriebspartner oder auch weitere Externe (z. B. Dienstleister, Behörden) ausgelöst werden, die über unterschiedliche Eingangskanäle im Unternehmen eintreffen. Die Anliegen können schriftlich (z. B. Mail, Brief, App) oder mündlich (z. B. Anruf) geäußert werden und lösen Aufträge aus, um auf das Anliegen zu reagieren (z. B. Antwortschreiben). 
 
Aus einem Anliegen werden ein oder mehrere Aufträge ("Was das Unternehmen tun muss") abgeleitet. Ein Beispiel für einen Auftrag ist: "Erstelle für den Kunden eine Bescheinigung über seinen Versicherungsschutz."  
 
Die Anliegen bilden im Anliegenmanagement eine Klammer über alle notwendigen Aufträge und enthalten die Verknüpfung zur erfolgten Kommunikation bzw. Handlung. 
 
Anliegen sind Geschäftsvorgänge, welche den speziellen Fokus auf die Bearbeitung von Handlungsaufforderungen des Kunden legen. 

Anliegenmanagement 

Unter Anliegenmanagement werden Verfahren verstanden, mit denen Hinweise und Wünsche von Kunden im Unternehmen entgegengenommen und beantwortet werden. Das Anliegenmanagement wird im Kontext der Kundenzentrierung zur Optimierung der eigenen Dienstleistungen und Serviceangebote und zur Effizienzsteigerung in den internen Prozessen eingesetzt. 

Automatisierung 

Unter Automatisierung wird im Kontext des Anliegenmanagement das Bestreben von Systemen verstanden, Anliegen bzw. resultierende Aufträge ganz oder teilweise ohne Mitwirkung der Sachbearbeiter zu bearbeiten.  

Customer Touchpoints 

Siehe Kundenkontaktpunkte 

Dunkelverarbeitung 

Von Dunkelverarbeitung ist die Rede, wenn Anliegen vollständig automatisiert und ohne menschliches Eingreifen im Hintergrund ablaufen.  

End-to-End (E2E) 

Von End-to-end-Bearbeitung bzw. End-to-end-Prozess ist die Rede, wenn eine zeitlich-logische Abfolge von Aufträgen/Prozessen ausgeführt wird, um ein konkretes Kundenanliegen zu erfüllen.  
 
End-to-end soll verdeutlichen, dass sich die Bearbeitung vom Bedarf des Kunden bis zur Leistungserbringung erstreckt und in der Regel abteilungsübergreifend ist. 

Geschäftsprozess (Prozess) 

Ein Geschäftsprozess ist eine abgegrenzte, meist arbeitsteilige Folge logisch verbundener Funktionen/Aufträge mit einem definierten Beginn und Ende.  
 
Ein Geschäftsprozess: 
• hat immer mindestens einen Input 
• erzeugt mindestens einen Output 
• wird durch ein Anliegen ausgelöst 
• endet bei der Erledigung des Anliegens (End-to-End) 

Geschäftsvorgang (GeVo) 

Der Geschäftsvorgang, ist die konkrete Ausprägung eines definierten Geschäftsprozesses.  
 
In der Regel entstehen bei einem Geschäftsvorgang ein oder mehrere Aufträge (z.B. Anlage eines neuen Leistungsfalls). Auch Prüfungen, Auskünfte etc. gehören dazu. 
 
Wichtig ist, dass der Geschäftsvorgang ein eigenständiges Geschäftsobjekt darstellt (z. B. für das Tracking, Reporting) und grundsätzlich einen Bezug zu einem anderen Geschäftsobjekt hat. Daher benötigt der Geschäftsvorgang auch einen Schlüssel bzw. eine Kennzeichnung zur eindeutigen Identifikation. 

Hellverarbeitung 

Von Hellverarbeitung ist die Rede, wenn Geschäftsprozesse nicht- oder nur teilautomatisiert ablaufen, d.h. nur mit menschlichem Eingreifen fallabschließend bearbeitet werden können. 

Input Management 

Unter Input Management versteht man die Herangehensweise zur digitalen Erfassung von geschäftsrelevanten Daten aus verschiedenen Kommunikationskanälen und Kommunikationsformaten (z.B. Papierdokumente) und die Übergabe der Informationen an nachfolgende Geschäftsanwendungen. 

Kundenkontaktpunkte 

Kundenkontaktpunkte, im Fachjargon auch Customer Touchpoints genannt, bieten Unternehmen sowie Kunden die Möglichkeit, miteinander zu interagieren. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Berührungspunkte zwischen Unternehmen und Kunden. In der digitalen Welt können Websites oder mobile APP’s ebenso zum Touchpoint werden wie der Social-Media-Account des Unternehmens. In der realen Welt bieten Geschäftsstellen, Kundenbriefe oder Vertriebsmitarbeiter die Möglichkeit zum Kundenkontakt. 

Kundenzentrierung 

Unter Kundenzentrierung versteht man strategische Maßnahmen im Unternehmen, die zum Ziel haben, den Kunden in den Mittelpunkt aller unternehmerischer Handlungen zu stellen.  
 
Der grundlegende Ansatz ist, durch ein funktionierendes Anliegenmanagement die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden und deren Erfüllung im Sinne einer optimalen Kundenzufriedenheit zu befriedigen. Dabei werden alle Handlungen zur Erfüllung des Anliegen und Effizienzgesichtspunkten optimiert. 

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Autor

  • Guido Schmitz

    Guido Schmitz ist Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Pentadoc AG. Als Berater betreut Guido Schmitz Unternehmen in Prozessen der Strategieentwicklung im Bereich Informationslogistik, führt und moderiert Workshops zum Anforderungsdesign. Guido Schmitz ist ein gefragter Keynotespeaker auf Strategietagungen und Kongressen.

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