Aus dem Leben einer Scrum Masterin

Hallo, ich bin Carla, ich arbeite seit Oktober 2022 als Werkstudentin bei Pentadoc und habe derzeit die Rolle der Scrum Masterin in unserem Werkstudierenden-Team PentaNEXT inne. Ich trage die Verantwortung dafür, dass unser Team das Scrum-Framework und agile Praktiken (korrekt) anwendet und eine effektive Zusammenarbeit gefördert wird.

Theorie ...

Laut Literatur soll der/die Scrum Master*in die Selbstorganisation des Teams fördern und dabei helfen, Hindernisse zu beseitigen, die das effektive Arbeiten des Teams behindern. 

Das klingt im ersten Moment erstmal recht abstrakt. Denn was steckt eigentlich hinter der Arbeit einer Scrum Masterin und wie gestaltet sich der Aufgabenbereich für mich bei uns im Team?  

Zu den formalen Aufgaben gehört die Organisation und Durchführung von Scrum-Events, wie Sprint-Reviews und Retrospektiven, um sicherzustellen, dass die Projektziele erreicht werden und das Team kontinuierlich lernt und sich verbessert. Scrum Master*innen sind außerdem dafür verantwortlich, die Stakeholder*innen des Projekts zu unterstützen, indem sie ihnen helfen, ihr Verständnis für Scrum und Agilität zu verbessern.

... versus Praxis

Generell habe ich als Scrum Masterin sehr freie Hand, in dem was ich tue. Einerseits ist das positiv, eine „grüne Spielwiese“ zum Austoben und Ausprobieren zu haben, andererseits verliert man dadurch manchmal das Wesentliche aus dem Blick und hat ständig das Gefühl, mehr für das Team machen zu können.

In meinen Augen besteht meine Hauptaufgabe in PentaNEXT daraus, die Retrospektive vor- und nachzubereiten sowie durchzuführen. Die Retro ist ein wichtiger Bestandteil des Scrum-Prozesses und findet immer am Ende unseres zweiwöchigen Sprints statt, freitags nach dem Review. Sie dauert circa 1,5 Stunden, die wir üblicherweise auch voll nutzen. 

Gemeinsam reflektieren wir im Team über den letzten Sprint und identifizieren, was gut funktioniert hat und was verbessert werden kann. Es wird nach Möglichkeiten gesucht, unser Vorgehen und unsere Zusammenarbeit im nächsten Sprint zu verbessern, aber auch persönliche Bedürfnisse gemeinsam wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Die Retrospektive ermöglicht dem Team, gemeinsam über ihre Arbeitsweisen nachzudenken und Feedback zu geben, um kontinuierlich zu lernen und sich zu verbessern. 

Typische Fragen, die in einer Retrospektive gestellt werden, könnten sein: 

  • Was ist im letzten Sprint positiv herausgestochen? 
  • Was können wir tun, um unsere Zusammenarbeit und Kommunikation zu verbessern? 
  • Was können wir tun, um unsere Prozesse und Arbeitsabläufe zu verbessern? 
  • Was haben wir im letzten Sprint gelernt, das uns im nächsten Sprint nützlich sein könnte? 

Diese und andere Fragen werden aber nicht einfach abgespult, sondern immer neu in unseren Austausch eingeflochten. Es ist kein Selbstläufer, von Oberflächlichkeiten zu den wesentlichen Punkten vorzudringen. Wir halten unsere Erkenntnisse und Diskussionsergebnisse fest und verwenden sie als Grundlage für Verbesserungen direkt im nächsten Sprint. 

Der Rolle Leben einhauchen 

Da ich neben meinem Masterstudium nur acht Stunden die Woche bei Pentadoc als Werkstudentin arbeite, könnte ich eigentlich die gesamte Arbeitszeit nur meiner Tätigkeit als Scrum Masterin widmen. Doch nach der Retrospektive ist erstmal kurz Zeit zum Durchschnaufen und ich widme mich auch anderen Aufgaben, wie Verwaltungsarbeit oder Projektzuarbeit, die nichts mit der Rolle der Scrum Masterin zu tun haben.

Umso ‚schlauer‘ muss ich also mit der verfügbaren Zeit arbeiten.

Meist beginne ich erst Mitte/Ende der ersten Sprintwoche damit, die Ergebnisse der Retrospektive noch einmal anzuschauen. Ich lese mir genau durch, welche Antworten auf die gestellten Fragen geschrieben wurden, welche Probleme und Maßnahmen ausgearbeitet wurden. Wenn die Maßnahmen messbar sind, versuche ich sie in die nächste Retro einzubringen, um zu sehen, ob sich etwas verbessert hat. Als Scrum Masterin versuche ich auch zwischen den Zeilen zu lesen, um die Aussagen und Gedanken der anderen einordnen zu können.  

In der zweiten Woche des Sprints kümmere ich mich dann wieder um die Erstellung der nächsten Retrospektive. Ich überlege zuerst, was braucht das Team gerade? Läuft gerade alles gut? Ist gerade Prüfungsphase und jede*r ist gestresst? Je nachdem suche ich nach einer Methode, um die bestmöglichen Erkenntnisse aus dem Termin ziehen zu können.

Wenn ein grundlegendes Problem im Team aufgetreten ist, versuche ich die Retrospektive so zu planen, dass über dieses Problem gesprochen werden kann. Es gibt viele unterschiedliche Methoden, um über Schwierigkeiten, Verbesserungspotentiale und Erfolge aus dem letzten Sprint zu sprechen, aber im Kern sind sich alle ähnlich. Gerne füge ich zwischendurch auch eine thematisch andere Retrospektive ein, damit sich das Team besser kennenlernt oder das Scrum Framework wiederholt wird. Das PentaNEXT-Team ist sehr offen und lässt sich auf Neues ein - das gibt mir den Rückhalt, ständig neues auszuprobieren.

Essenziell in einer Retro sind auch das Check-In und Check-Out vom Termin. Thematisch ist es immer schön, wenn diese zusammenpassen. Das Check-in sollte inhaltlich eher auf den Termin und die kommenden Fragen im Hauptteil einleiten. Meist wird hier abgefragt, wie die aktuelle Stimmung der Teilnehmenden ist, anhand von Stimmungsbarometern, Emojis oder kleinen Gedankenspielen. Das Check-Out sollte thematisch eher in die Pause/Wochenende und weg vom Retro lenken. Hier kann gerne über private Dinge geredet werden, wie der aktuelle Lieblingssong, Rezepttipp fürs Wochenende oder auch ein interaktives Spiel gespielt werden.

Beispiel für einen Check-In der "Salat Retro"

Da mit der Rolle auch ein hohes Maß an Verantwortung einhergeht frage ich mich häufig, wie ich noch mehr für das Team tun kann. Da wir alle größtenteils im Homeoffice arbeiten, sind die Stimmungen im Team während des Sprints nicht so klar zu greifen. Deshalb ist es umso wichtiger, an den Dailys (täglich um 16 Uhr für 15 Minuten) teilzunehmen, wo jede*r kurz beschreibt, woran heute gearbeitet wurde. Hier bekommt man auch kurze Diskussionen, Absprachen und Zwischentöne mit, die sonst eventuell untergegangen wären.

Insgesamt finde ich die Arbeit als Scrum Masterin sehr spannend. Die Position ist wahnsinnig vielseitig, wodurch ich seit Dezember schon sehr viel lernen konnte, besonders in Bezug auf das Scrum Framework, die Teamentwicklung und auch persönlich für mich.