New Work: Remote, Collaborativ – besser? 

Mit der Corona-Krise als Beschleuniger mussten sich New-Work-Arbeitsmodelle quasi in Echtzeit durchsetzen. Der krisenbedingte Digitalisierungsschub förderte in den Unternehmen neue Arbeitsstrukturen, die von Kollaboration und Remote-Arbeit geprägt sind.

Es ist noch nicht allzu lange her, da arbeitete man mit seinen Kolleg*innen zusammen, indem man einfach in die andere Abteilung oder das andere Büro lief, sich hinsetzte, gemeinsam Anliegen, Aufgaben und Dokumente durcharbeitete und sich dann eventuell noch einmal in der Kantine austauschte.  

Zwei wesentliche Punkte haben die Situation vollkommen verändert: Erstens haben die Einführung des Internets und der E-Mail und die damit verbundene weltweit unkomplizierte Vernetzung, die Zusammenarbeit dahingehend verändert, dass man selbst der Kollegin im Zimmer nebenan eher eine E-Mail schickt, als zu ihr zu gehen. Und zehn weitere Kolleg*innen kommen in den CC. Zweitens haben sich die Unternehmen spätestens im Rahmen der Corona-Krise organisatorisch und technisch neu aufstellen müssen und so kam es dann auch, dass in Deutschland ein Großteil der Beschäftigten ganz oder teilweise zum Arbeiten nach Hause geschickt wurden. So mussten neben den Unternehmen, welche im Rahmen der Globalisierung oder der Expansion bereits örtlich dezentral aufgestellt waren, nun auch ganz normale Unternehmen Remotearbeit einführen. 

Im Sinne des Fortschritts könnte man über die neue Situation jubeln. Die praktische Arbeit bringt aber manchen eher zur Verzweiflung. Undisziplinierte Remotemeetings, E-Mail-Flut, Informationen auf unterschiedlichen miro-Boards, unterschiedlichste Dokumentenversionen, unorganisierte Ablagen lauten die Stichworte, die eine neue Art der Zusammenarbeit erforderlich machen.  

Begriffsdefinitionen 

Wenn eine feste Gruppe von Personen sich gemeinsam mit einem bestimmten Thema beschäftigt und dabei ein gewisses Ergebnis anstrebt, ist das Zusammenarbeit. Die Personengruppe kann eine Abteilung Ihres Unternehmens sein, ein abteilungsübergreifendes agiles Projektteam oder ein Expertenteam oder eine Lerngemeinschaft, die über die Grenzen Ihres Unternehmens hinausreicht. 

Collaboration 

Wörtlich genommen bedeutet Collaboration nichts anderes als Zusammenarbeit. Der Begriff wird aber im Allgemeinen im Zusammenhang mit der technik- und internetgestützten Zusammenarbeit verwendet. Collaboration-Tools bieten den Rahmen dafür, dass sich jeder einzelne Benutzer selbst aktiv einbringen kann. In Zeiten von Corona leben diese Tools groß auf, aber auch für die sachbezogene Anwendungen machen Wikis, Foren, Chats & Co. durchaus Sinn. 

Generell kann man Collaboration-Lösungen in synchrone und asynchrone Formen unterscheiden. Asynchrone Werkzeuge, über die man zeitversetzt kommunizieren und sich austauschen kann, sind die klassische E-Mail, Foren oder Wikis. Der traditionellen Zusammenarbeit, bei der alle gleichzeitig „an einem Tisch sitzen“, kommt man näher mit synchronen Werkzeugen wie Videochat, Instant-Messaging, Whiteboard-Plattformen wie miro oder Application- und Desktop-Sharing. Da beide Arten ihre Vorteile haben, werden üblicherweise mehrere Werkzeuge kombiniert, um alle Bedürfnisse einer Arbeitsgruppe zu erfüllen. 

Remote-Arbeit 

Im weiteren Sinne wird unter Remote-Arbeit eine berufliche Tätigkeit verstanden, die von überall aus erledigt werden kann, also nicht an die Anwesenheit in einem Büro gebunden ist. 

Remote-Arbeit wird immer öfter gleichgestellt mit der Arbeit aus dem Homeoffice. Das Homeoffice wird als Arbeitsplatz im privaten Umfeld verstanden und als Oberbegriff für Arbeit von zu Hause aus benutzt. 

New Work 

New Work wird als Sammelbegriff für alle neuen Arbeitsformen verwendet, die vor dem Paradigmenwechsel der Abkehr von der „Old Work“ (Arbeitsformen der Industriegesellschaft) hin zu der New Work (Ausformung der Wissens- und Informationsgesellschaft) entstanden sind. 

Als wichtiger Bestandteil der New Work sind die Globalisierung, die Digitalisierung und der demografische Wandel entscheidende Entwicklungen. Entwicklungen wie das Home-Office oder auch die Möglichkeit remote zu arbeiten, sind das Ergebnis dieses Ansatzes. Das verlangt jedoch nach einer umfassenden Vernetzung, die insbesondere drei Bereiche umfasst: 

  1. Technische Infrastruktur: New Work ohne Internet funktioniert nicht. Damit der Arbeitnehmer auch ortsunabhängig arbeiten kann, stellen Unternehmen in der Regel Laptops für Mitarbeiter*innen, die passenden Collaborations-Werkzeuge und sichere Zugriffsmöglichkeiten auf das betriebseigene Netzwerk aus der Ferne zur Verfügung. 
  2. Unternehmens- und Projektstrukturen: Agile Teams, agile Organisationsformen und eine grundlegend neue Auffassung von Führungsrollen sind einige Beispiele für die veränderten unternehmerischen Strukturen, die aus New Work resultieren.
  3. Strukturierung der Arbeitsumgebung: Das betrifft sowohl die räumlichen als auch zeitlichen Gegebenheiten. Klassische Beispiele sind hier Open-Space-Büros oder die Bildschirmpause in langen Remote-Sitzungen. Aber auch Check-ins, Check-outs oder das „virtuelle Café“ werden immer beliebter, um auch wieder einen „sozialen Touch“ in die dezentralen Teams zu bekommen. 

Ziele

Kurz zusammengefasst sind gemeinsame Ziele von New Work, Remote Arbeit und Collaboration: 

  • Räumlich und eventuell auch zeitlich unabhängiges Arbeiten ermöglichen 
  • Inhaltlich und funktional den individuellen Anforderungen eines Mitarbeiters oder eines Teams entsprechen: interessenspezifisch, themenfokussiert, personalisiert 
  • Zentrale Lern-, Arbeits-, Kommunikationsräume für eine feste Gruppe bieten 
  • Menschen treffen, die sonst unerreichbar und nicht zusammen zu bringen wären 
  • Reisezeit und - kosten sparen 

Hindernisse 

Die Begeisterung über die gewonnene Flexibilität verstellt oft die Sicht auf die damit einhergehenden Probleme.  

Microsoft hat die Auswirkungen von Homeoffice und Remote Work im Jahr 2021 bei mehr als 30.000 Arbeitenden in 31 Ländern hinterfragt. Wichtige Erkenntnisse der Studie sind: 

  1. Die neue Arbeitswelt ist hybrid 
    70 Prozent der Befragten geben an, dass sie auch künftig ihr Homeoffice nicht missen möchten. Zugleich sagten 65 Prozent, dass ihnen der Kontakt zu ihren Kolleg*innen abgeht.  
  2. Führungskräfte brauchen Fingerspitzengefühl 
    37 Prozent der Befragten sagten, dass ihre Unternehmen in Zeiten wie diesen zu viel von ihnen verlangen. Remote-Mitarbeitern keine klaren Tages- oder Wochenziele zu geben kann einerseits bei den Beschäftigten zu entspanntem und lockerem Arbeiten führen oder es herrscht andererseits umsonst großer Druck und Hektik und unnötige Überstunden fallen für eher unwichtige Aufgaben an.
  3. Das Plus an Produktivität ist mit Erschöpfung verbunden 
    Jede*r fünfte Befragte sagte, dass sich sein Arbeitgeber nicht um seine Work-Life-Balance interessiert, 54 Prozent fühlen sich überlastet und 39 Prozent erschöpft. 

Neben den generellen Herausforderungen der neuen Arbeitsweisen kommen aber auch neue Probleme auf die Unternehmen zu, welche mit der Vielzahl der neuen „Tools“ eingekauft wurde. Kommen ihnen folgende Aussagen bekannt vor? 

  • Schick mir mal bitte den Link zu dem Miro-Board zu. 
  • Weißt du, wie das Passwort zu dem miro-Board ist – ach ja stimmt, du hast es ja direkt in die Termineinladung mit reingeschrieben. 
  • Ich habe mal im Wiki eine Seite mit den gesammelten Links zu den Whiteboards erstellt. Ich habe die Passwörter auch gleich mit dazu geschrieben. 
  • Zu der Entscheidung gibt es kein Protokoll, schau doch mal auf dem Whiteboard, ob wir da ein Post-it dazu geschrieben haben. 
  • Die Dokumentation zu der neuen Funktion muss irgendwo im Wiki stehen, aber ich finde die über die Suche nicht. Oder haben wir das in einem Jira-Ticket dokumentiert? 
  • Eigentlich sollte das an der Stelle im Wiki zu finden sein. 
  • Keine Ahnung, wo das dokumentiert ist, schau doch mal im SharePoint, im Wiki, im Jira oder in deinen E-Mails nach. 

Fazit 

Remote Arbeit und Collaboration sind inzwischen praxiserprobt und technisch ausgereift.  

Die Verbreitung und Akzeptanz schreitet stetig fort, da die Einsatzmöglichkeiten sowohl intern in einem Unternehmen als auch extern sehr vielfältig sind. Die Kombination verschiedener Anwendungskategorien und die individuelle Auswahl der Intensität des Einsatzes ermöglichen eine optimale Abstimmung auf die Bedürfnisse eines Unternehmens und auch des einzelnen Benutzers. Für jedes Unternehmen gibt es ein sinnvolles Einsatzgebiet und eine passende Lösung. 

Wie bei vielen Vorhaben in Unternehmen, die Auswirkung auf die Organisationsstrukturen und die Arbeitsweise der Arbeitnehmer im Unternehmen haben, sind auch bei der Einführung einer modernen Form der Zusammenarbeit die kritischen Punkte für den Erfolg sowohl aus dem technischen als auch dem „soften“ Bereich im Vorfeld systematisch zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu planen: 

  • Auswahl der geeigneten Technik bzw. der geeigneten Softwarelösungen 
  • Qualität und Pflege der Inhalte 
  • Transaktionssicherheit, Nachverfolgbarkeit und Versionierung der Inhalte garantieren 
  • Auch wenn die Lösungen einfach anmuten, eine Schulung oder Minimum eine sorgfältig vorbereitete, schrittweise, sensible Einführung sollte erfolgen 
  • Etablierung einer Kultur, die den Austausch der Mitarbeiter*innen fördert 
  • Sensibilisierung der Führungskräfte für die Belastbarkeit der Mitarbeiter*innen im Homeoffice 
  • Unterstützung durch Coaches, Koordinatoren und Tutoren

Sind Sie sich dieser Punkte in allen Projektphasen bewusst und beachten Sie sie bei der Konzeption, Einführung und Betrieb, steht einer erfolgreichen Zusammenarbeit in hybriden Arbeitswelten nichts mehr im Wege.